Erinnerung
Kriegsdienstverweigerer vor 85 Jahren in Wiesbaden hingerichtet
Fast neun Jahrzehnte nach der Erschießung von Karl Bühler und Heinrich Ballreich erinnert eine neue Informationstafel auf dem Wiesbadener Südfriedhof an ihren Mut. Die beiden Zeugen Jehovas verweigerten 1940 aus Glaubensgründen den Wehrdienst – ein tödlicher Entschluss, der heute Mahnung und Gedenken zugleich ist.
Symbolfoto: Canva
Die Erschießung von Karl Bühler und Heinrich Ballreich jährt sich am 25. Juni zum 85. Mal. Die beiden Männer, ursprünglich aus Neulußheim, gehörten der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas an. Ihre Weigerung, aus Glaubensgründen Wehrdienst zu leisten, kostete sie das Leben.
Seit diesem Jahr erinnert eine Informationstafel des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf dem Wiesbadener Südfriedhof an ihr Schicksal.
Verfolgung wegen des Glaubens
Seit 1932 nahmen Bühler und Ballreich gemeinsam mit ihren Ehefrauen an den Gottesdiensten der Zeugen Jehovas in Speyer teil. Nach dem Verbot der Gemeinschaft im Zuge der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 trafen sich die Gläubigen heimlich.
Die Speyerer Gruppe geriet ab 1936 ins Visier der Gestapo; erste Verhaftungen folgten bald. Die Ehepaare Bühler und Ballreich wurden vom Sondergericht Mannheim zu fünf beziehungsweise sechs Monaten Haft verurteilt – doch die Freilassung erfolgte erst zwei Jahre später.
Konsequente Gewissensentscheidung
Als 1940 die Wehrpflichtbefehle eintrafen, reagierten beide Männer sofort. Sie erklärten beim Wehrmeldeamt, dass sie als Christen den Dienst an der Waffe ablehnen. Ihre Überzeugung basierte auf der Lehre der Nächstenliebe, die mit dem Töten unvereinbar sei. Bereits einen Tag später wurden sie verhaftet.
Am 28. Mai 1940 fand die Verhandlung vor einem Kriegsgericht in der Gustav-Freytag-Straße 11 in Wiesbaden statt. Bühlers Ehefrau Frieda erinnerte sich später an diesen Moment: „Mein Mann sah mich an und gab die Erklärung: ‚Ich habe mit Jehova einen Bund geschlossen und diesem bleibe ich treu, so lange Odem in mir ist‘.“ Beide Männer wurden zum Tode verurteilt.
Hinrichtung auf dem Schießplatz
Am 25. Juni 1940, in den frühen Morgenstunden, wurden Karl Bühler und Heinrich Ballreich auf dem Schießplatz „Rheinblick“ auf dem Freudenberg hingerichtet. Ihre Gräber befinden sich auf dem Südfriedhof in Wiesbaden. Karl Bühler war 31 Jahre alt, Heinrich Ballreich 32.
Dokumentation und Erinnerung
Im Rahmen der historischen Aufarbeitung hat der Landesverband Hessen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in diesem Jahr zwei neue Informationstafeln an die Stadt Wiesbaden übergeben.
Diese wurden auf dem Südfriedhof installiert und geben Einblick in das Leben und Sterben von Kriegsopfern und Opfern des NS-Regimes. Auch das Schicksal von Karl Bühler und Heinrich Ballreich wird so öffentlich gewürdigt und dauerhaft ins kollektive Gedächtnis gerufen.
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