Meinungsfreiheit

Debatte über Wiesbadener Friedensdemo eskaliert

Nach scharfer Kritik der Jüdischen Gemeinde an der Friedensprotesten der vergangenen Woche in Wiesbaden reagieren die Veranstalter mit deutlicher Gegenwehr. Sie weisen Vorwürfe zurück und betonen friedenspolitische Absichten, während sie gleichzeitig zu einem offenen Dialog einladen.

Von: |Erschienen am: 2. April 2025 15:28|

Nach der Demonstration von Friedensaktivisten am Samstag, 29. März, in Wiesbaden ist eine öffentliche Debatte über deren Charakter und Teilnehmer entbrannt. Während die Jüdische Gemeine die Veranstaltung als politisch inszeniert und ideologisch vereinnahmt darstellt, weisen die Organisatoren, das Wiesbadener Bündnis,  diese Vorwürfe entschieden zurück.

In einer Stellungnahme betonen sie, dass die Demonstration klar friedenspolitische Ziele verfolgt habe und eine bewusste Instrumentalisierung ausgeschlossen sei. Zudem verteidigen sie die getroffene Routenwahl und kritisieren die Berichterstattung als verzerrend und diffamierend. Auch die Diskussion über die Rufe „Free Palestine“ während der Demonstration sorgt weiterhin für Spannungen. Ein Dialogangebot an die Kritiker steht im Raum – doch ob es zu einem direkten Austausch kommt, bleibt offen.

Stellungnahme des Wiesbadener Bündnisses

Sehr geehrte Damen und Herren von der Jüdischen Gemeinde und von Spiegelbild,

da Sie offenbar nicht direkt mit uns kommunizieren wollen, haben wir Ihre Stellungnahmen zu der Demonstration am 29.03.2025 erst auf Umwegen erfahren. Wir finden es bereits diffamierend, wenn Sie das Wort Friedensdemonstration in Paranthese setzen und mit dem Zusatz „sogenannte“ versehen. Was sollen denn der Aufruf, die Transparente, Parolen und Reden sonst gewesen sein? Haben Sie gegen all das inhaltlich etwas einzuwenden? Was ist denn Ihr Verständnis von einer „echten“ Friedensdemonstration?

Friedensdemo verteidigt Routenplanung

Sie kennen inzwischen die Stellungsnahme der Stadt, wonach die gewählte Route als alternativlos angesehen wurde. Nachdem die Fußgängerzone nicht genutzt werden durfte, ging es allein darum, im Zentrum der Stadt möglichst viele Menschen anzusprechen und zum Kranzplatz zu kommen, was nur über die Coulinstraße möglich war. Dies entsprach auch der Route von Ostermärschen.

Es ist absurd, uns spekulativ Hintergedanken zu unterstellen, die es nicht gab. Den Vorwurf einer „politischen Inszenierung“ mit einer Demoroute „bewusst“ durch die Gedenkstätte weisen wir auf das Entschiedenste zurück. Mit der Planung der Demonstration hatten wir die friedenspolitischen Ziele im Sinn, die im Aufruf formuliert waren, nicht mehr und nicht weniger.

Polizei sieht keine Verstöße

Selbstverständlich achten wir als Veranstalter darauf, dass sich keine Parolen auf Plakaten oder Transparenten finden, die mit den Intentionen des Aufrufs nicht im Einklang stehen. Gleiches gilt für gerufene Parolen. Insoweit gilt zunächst einmal die Meinungsäußerungsfreiheit für alle Teilnehmenden.

Nach dem Versammlungsfreiheitsgesetz dürften im Übrigen nur Personen ausgeschlossen werden, „welche die Ordnung der Versammlung erheblich stören“ (§ 6 V). Gäbe es ein strafbares Verhalten, wäre es Sache der Ordnungskräfte ggf. einzuschreiten. Selbst den Verdacht einer möglichen Straftat hat aber die präsente Polizei erklärtermaßen nicht erkennen können.

Klarheit zu unerwünschten Akteuren

Bei den Teilnehmenden stellen Sie u.a. „Akteure aus dem…rechtsextremen Spektrum“ in einer Weise dar, die den Anschein erweckt, diese seien dominant gewesen und ein paar andere seien aus „Naivität oder Idealismus“ auch mitgelaufen. Dies ist unerhört! Wir haben vor der Demonstration und zu Beginn der Kundgebung am Bahnhof deutlich gemacht, was und wer alles unerwünscht ist. Es wurde ementsprechend auch konkret sichergestellt, dass es keine unerwünschten Losungen gab.

Unabhängig hiervon gibt es so gut wie keine verbindlichen Ausschlussmöglichkeiten, siehe vorheriger Absatz. Mit dem von Ihnen erwendeten Begriff „verschwörungsideologisch“ möchten wir uns an dieser Stelle nicht auseinandersetzen. Dies würde den Rahmen der Erwiderung sprengen.

„Free Palestine“ bedeutet nicht „Ende Israels“

Wenn von einer verschwindend geringen Anzahl von Teilnehmenden vereinzelt „Free Palestine“ gerufen worden sein soll, was offenbar auch so war, so geht es hierbei um Rechte und Lebensgrundlagen für das palästinensische Volk. Es handelt sich hierbei um eine allgemein als legitim anerkannte Losung. Es ist daher absolut befremdlich und diffamierend, wenn diese Losung von Ihnen dergestalt ausgelegt wird, dass der „Jüdische Staat delegitimiert“ werden soll und damit das „Ende Israels“ ausgedrückt werden soll.

In unerem Aufruf zu der Demonstration fordern wir ja u.a. „Weltweit für eine sichere und friedliche Zukunft einzutreten“ und Diplomatie statt militärische „Lösungen“. In diesem Zusammenhang hat auch „Free Palestine“ seine Berechtigung. Die Vertreterin der US-Friedensbewegung, Ann Wright, hat u.a. zu der Nahost-Thematik gesprochen. „Free Palestine“bedeutet zweifellos eine Kritik an der aktuellen Politik der israelischen Regierung. Sie stellt aber in keinster Weise eine von Ihnen angenommene „Provokation“ oder einen „Affront“ gegen „Die Jüdische Gemeinschaft“ dar. Die Gedenkstätte wird durch diese Losung auch nicht zur „Kulisse von Hetze“.

Offenheit für Austausch und Zusammenarbeit

Dass wir nicht persönlich in den Austausch treten, sondern via Stellungnahme ist ein von Ihnen eingeschlagener Weg. Freuen würden wir uns, wenn sich dies ändert. Zu Gesprächen sind wir bereit.

Hier könnten wir einen Dialog beginnen über alle Themen, die Ihnen und uns wichtig sind. Über eine positive Rückmeldung würden wir uns freuen. Dies alles gilt selbstverständlich auch für die Friedens- und Zukunftswerkstatt in Frankfurt/Main.

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