Kriminalstatistik 2024

Mehr Gewalt und eine Zunahme bei Wohnungseinbrüchen und Fahrraddiebstählen

Die Kriminalitätsstatistik 2024 für Wiesbaden ist da – und sie zeigt ein vielschichtiges Bild. Während die Gesamtzahl der Straftaten nahezu unverändert bleibt, gibt es besorgniserregende Entwicklungen in einzelnen Bereichen. Vor allem die Gewaltkriminalität sowie Wohnungseinbrüchen, Fahrraddiebstählen und Sachbeschädigungen haben deutlich zugenommen, während die Aufklärungsquote insgesamt sinkt. Gleichzeitig setzen Polizei und Stadt auf Maßnahmen wie die Waffenverbotszonen, Videoüberwachung und Kontrollaktionen. Doch reicht das aus?

Von: |Erschienen am: 17. März 2025 15:09|

Gefühlt kam es im Vergangenen Jahr zu mehr Straftaten in Wiesbaden, doch die registrierten Straftaten 2024 sind nahezu konstant geblieben. Das geht aus der Kriminalitätsstatistik für die hessische Landeshauptstadt hervor, die am Monat, 17. März, von Dr. Susanne Stewen, Polizeivizepräsidentin Westhessen vorgestellt wurden.
Im Jahr 2024 wurden in Wiesbaden 20.604 Straftaten registriert – das sind nur 11 Fälle mehr als im Vorjahr. Die Häufigkeitszahl, also die Anzahl der Straftaten pro 100.000 Einwohner, liegt nun bei 7.216 und ist leicht rückläufig.

Problematisch ist jedoch der Rückgang der Aufklärungsquote: Während 2023 noch 60,7 % der Fälle gelöst wurden, sank dieser Wert 2024 auf 55,8 %. Damit bleibt fast jede zweite Straftat in Wiesbaden unaufgeklärt – eine besorgniserregende Entwicklung.

Aktuelle Zahlen und Entwicklungen aus Wiesbaden

Gewaltkriminalität nimmt zu – Wiesbaden wird härter

Ein besonders alarmierender Bereich ist die Gewaltkriminalität, die um 7,4 % gestiegen ist. Mit 1.013 Fällen ist sie auf dem höchsten Stand seit mehreren Jahren. Zwar liegt die Aufklärungsquote in diesem Bereich mit 68,3 % über dem Durchschnitt, doch die Zunahme brutaler Übergriffe wirft Fragen auf.

Auch Gewalt gegen Einsatzkräfte bleibt ein Problem: 119 Fälle wurden 2024 gemeldet. Positiv ist jedoch, dass hier die Aufklärungsquote mit 96,7 % sehr hoch ist – Täter können also meist identifiziert werden.

Straßenkriminalität – Unsicherheitsgefühl steigt

Wiesbadens Straßen bleiben ein Hotspot für Kriminalität. 4.518 Fälle wurden 2024 in diesem Bereich registriert. Besonders erschreckend, ist das die Aufklärungsquote bei nur 19,8 % (860 Delikte) liebt. Das bedeutet, dass vier von fünf Taten ungeklärt bleiben. Die Dunkelziffer dürfte zudem noch weitaus höher sein, vermuten die Ermittler.

Bekämpfung von Straßenkriminalität an Schwerpunkten

Durch polizeiliche Maßnahmen konnte das Auftreten strafrechtlich relevanter Sachverhalte in Bereichen wie Luisenplatz, Platz der Deutschen Einheit und
Reisinger- sowie Herbert-Anlagen eingeschränkt werden. Dennoch kommt es nach wie vor im erheblichen Umfang zu Straftaten im Kontext mit der Straßenkriminalität,
wodurch das Sicherheitsgefühl der Anwohnenden, der Transitreisenden sowie der Geschäftsleute im hohen Maße beeinträchtigt wird.

Maßnahmen

  •  Runde Tische (Luisenplatz / Rheinstraße & Reisinger / Herbertanlagen)
  • Verstärkte uniformierte Kontrollmaßnahmen u.a. mit Stadtpolizei
  • Verstärkte zivile Aufklärungs- und Kontrollmaßnahmen
  • Gründung einer Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von BTM-Straßenhandel „Luisenplatz/Rheinstraße“
  • Begehung der Örtlichkeiten mit der Präventionsabteilung des Polizeipräsidiums Westhessen, dem 1. Polizeirevier und dem Grünflächenamt, Prüfung der Beleuchtung & Grünschnitt zwecks Herstellung von Sichtachsen
  • Aufenthaltsverbote (3 Monate) gegen widerauftretende Störer in den jeweiligen Bereichen: 2024 insgesamt 6 schriftliche Aufenthaltsverbote, insgesamt 5 Verstöße gegen die Verbotsverfügung inkl. anschließender langfristiger Ingewahrsamnahme)
  • Täterorientierte Ermittlungen

Rückgang bei Sexualdelikten

Die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist im Vergleich zu 2023 um 45 Fälle gesunken und liegt nun bei 418 Fällen. Doch auch wenn das zunächst positiv erscheint, bleibt die Zahl hoch. Jeden Tag werden in Wiesbaden mehr als ein Sexualdelikt angezeigt. Die Aufklärungsquote von 74,6 % zeigt, dass die Ermittlungsarbeit hier vergleichsweise erfolgreich ist.

Diebstahl bleibt ein Dauerproblem

Besonders häufig sind Diebstahldelikte, die einen großen Anteil an der Gesamtkriminalität in Wiesbaden ausmachen. So wurden 427 Wohnungseinbrüche bei der Polizei gemeldet. Das sind 97 mehr Taten als von 2023. Das ist ein Anstieg 23 %. Gerade beim Wohnungseinbruchdiebstahl ist das Problem gravierend: Nur jeder siebte Einbruch wird aufgeklärt – das sind gerade mal 13,6 %.

Zu den 141 aufgeklärten Fällen im Bereich Westhessen wurden insgesamt 109 Tatverdächtige von den Polizisten ermittelt, wovon 93 männlich und 16 weiblich waren. Hiervon handelten 82 Ganoven alleine und 27 sind bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten.

Tätergruppen

Neben regionalen Tätern, die über ein Drittel (37,6%) der ermittelten Tatverdächtigen ausmachen, sind auch überregional agierende Tatverdächtige und Tatverdächtigengruppierungen (25,7%) für eine Vielzahl an Wohnungseinbrüchen verantwortlich. Tatverdächtige mit nicht feststellbarem Wohnsitz (kein fester Wohnsitz/unbekannter Wohnsitz) nehmen einen Anteil von 36,7% ein.

Die oben dargestellte Tatverdächtigenverteilung, in Bezug auf die Wohnort-Tatort-Beziehung, stellt ebenfalls einen ermittlungserschwerenden Faktor dar.

Bekämpfung von Wohnungseinbrüchen

Die bereits im Jahr 2023 konzeptionell hinterlegten und durchgeführten Maßnahmen zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls im Zuständigkeitsbereich des PP Westhessen wurden auch in 2024 weiter fortgeführt.

Beispielhaft sei erwähnt, dass im Bereich Wiesbaden durch umfangreiche kriminalpolizeiliche Maßnahmen ein Tatverdächtiger ermittelt und diesem 19 Wohnungseinbrüche rechtssicher zugeordnet werden können. Der Tatverdächtige befindet sich derzeit in Untersuchungshaft.

Großer Anstieg bei Fahrraddiebstahl

Ebenfalls einen deutlichen Anstieg gab es bei den Fahrraddiebstahl unter erschwerten Umständen. Das heißt, Bikes sie mit einem Schlossgesichert waren oder aus verschlossenen Räumen gestohlen wurden. Bei der Polizei Wiesbaden wurden 625 Fälle im vergangenen Jahr gemeldet. Das ist eine Zunahme von 76 Fällen. Die Aufklärungsquote bei mageren 10,7 %.

Rauschgiftkriminalität

Die Fallzahlen im Bereich der Rauschgiftkriminalität weichen mit -1.954 Fällen deutlich von den Vorjahreszahlen ab.

Im Zuge des seit 1. April 2024 bundesweit eingeführten Gesetzes zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG) ist insbesondere im Bereich der Verstöße mit Cannabis in geringer Menge in deutlicher Fallzahlenrückgang um 190 Fälle festzustellen. Durch das Inkrafttreten des Cannabisgesetzes wurde unter anderem der Besitz von bis zu 25 Gramm getrocknetem Cannabis (im öffentlichen Raum) bzw. bis zu 50 Gramm (im privaten Raum), sowie der Anbau von 3 Cannabispflanzen zum Eigenbedarf erlaubt.

Durch die unterjährige Einführung des KCanG kommt es derzeit noch zu Verschiebungen in der statistischen Erfassung, so dass erst mit der nächsten polizeilichen Kriminalstatistik eine Erhebung für das volle Jahr stattfinden kann.

Mehr harte Drogen werden konsumiert

Neben der deutlichen Reduktion im Cannabis-Bereich, lässt sich im Feld harter Drogen, speziell Kokain, bedingt durch eine erhöhte Nachfrage verbunden mit einer Verfügbarkeitssteigerung, behördenweit eine Fallzahlensteigerung von +52% auf 389 Fälle, bei einer sehr hohen AQ von 94,3%, feststellen. Der Deliktsschwerpunkt ist klar im urbanen Bereich Wiesbadens zu verorten.

Im Rauschgiftbereich handelt es sich größtenteils um Kontrolldelikte, bei denen die Tatverdächtigen oftmals feststehen. Mit 90,3 % bewegt sich die Aufklärungsquote weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Reduktionserklärend ist der veränderte Modus Operandi der Täter, die Betäubungsmittel in Teilen nicht mehr mitzuführen, sondern zu verstecken. Bei diesem “Fund“-BTM liegen regelmäßig sehr geringe Ermittlungsansätze im Hinblick auf die Täterschaft vor.

Mehr Sachbeschädigungen

Erschrecken ist auch die starke Zunahme von Sachbeschädigungen in Wiesbaden. So wurden 2.280 Fälle polizeilich erfasst. Diese Entwicklung folgt dem Hessentrend. Das sind 37 % mehr als noch 2023 (+ 142). Die Aufklärungsquote ist um 10 % gefallen auf 18,9 %. Hierzu zählten Sachbeschädigung an KFZ, Farbschmierereien, Brandstiftungen, sonstige Sachbeschädigung auf der Straße und Sachbeschädigung nach § 304 StGB.

Rückgang bei Jugendkriminalität

Die Jugendkriminalität wird in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik extra geführt. Es handelt sich um eine Auswertung der Straftaten, welche von Personen unter 21 Jahren begangen wurden. Darüber hinaus kann eine Aussage getroffen werden, wie viele der ermittelten Tatverdächtigen unter 21 Jahre alt sind.

Im Bereich des Polizeipräsidium Westhessen hat im Jahr 2024 in diesem Bereich, entsprechend dem Hessentrend, einen Fallzahlenrückgang von -503 Fälle auf 5.940 zu verzeichnen.

Von den insgesamt 21.965 ermittelten Tatverdächtigen waren 4.578 unter 21 Jahre (20,8%). Trotz steigender Zahlen im Bereich der Tatverdächtigen befindet sich der prozentuale Anteil der Tatverdächtigen unter 21 Jahren im Vergleich zum Vorjahr auf annähernd gleichem Niveau (2023: 21,1%). Die den Taten gehören u.a. Körperverletzungen, Diebstahl, Drogendelikte, Sachbeschädigungen, Erschleichung von Leistungen und Beleidigungen.

Polizei setzt auf Waffenverbotszonen und Videoüberwachung

Um der steigenden Kriminalität entgegenzuwirken, wurden in Wiesbaden Waffenverbotszonen eingerichtet. Bei Kontrollen in diesen Bereichen wurden 41 Waffen sichergestellt, darunter 32 Messer. Die Polizei zieht eine positive Bilanz und sieht darin eine wichtige Maßnahme zur Erhöhung der Sicherheit.

Zudem setzt die Stadt verstärkt auf Videoüberwachung. Die installierten Kameras (43) haben zu mehreren Fällen zur Aufklärung von Straftaten beigetragen.

Jagd auf Raser und Poser

Bei Schwerpunktkontrollen zur Thematik “Raser/Poser“ wurden im Jahr 2024 (im Vergleich zu den Jahren 2022 und 2023) im Wiesbadener Stadtgebiet folgende
Ergebnisse erzielt:

In Summe ist feststellbar, dass die repressiven sowie präventiven Maßnahmen Wirkung zeigen. Insgesamt ist eine abfallende Tendenz der Fallzahlen ersichtlich. Für die Kontrollkräfte war im Jahr 2024 ein deutlicher Rückgang der Poser- sowie Raserszene feststellbar. In Zusammenarbeit mit der Präventionsabteilung des Polizeipräsidiums Westhessen wurden gemeinsame Präventionsveranstaltungen an weiterführenden Schulen zur Sensibilisierung von Schülern im Alter von 17 bis 21 Jahren durchgeführt.

Die Wirkung der Verkehrssicherheitsarbeit konnte insbesondere durch eine zielgerichtete Presse -und Öffentlichkeitsarbeit erhöht werden. Eine größtmögliche Wirkung kann insbesondere dann erreicht werden, wenn die Schwerpunktkontrollen medial begleitet werden. Dies soll 2025 fortgeführt werden.

Sinkende Aufklärungsquote als größte Herausforderung

Die Kriminalitätsbilanz 2024 zeigt: Wiesbaden bleibt insgesamt stabil, doch in wichtigen Bereichen wie der Gewaltkriminalität und der Straßenkriminalität gibt es deutliche Herausforderungen. Besonders besorgniserregend ist die sinkende Aufklärungsquote, die zeigt, dass viele Täter nicht zur Rechenschaft gezogen werden.

Ob Maßnahmen wie Waffenverbotszonen und Videoüberwachung langfristig Wirkung zeigen, bleibt abzuwarten. Klar ist aber: Die Polizei steht vor der großen Aufgabe, die Aufklärungsquote wieder zu steigern und gezielt gegen die steigende Gewalt vorzugehen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Sicherheitsstrategien greifen – oder ob Wiesbaden mit weiteren Problemen konfrontiert wird.

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