Haushaltskrise
Engpass am Wiesbadener Kreuz: Bundesstreichliste bedroht Infrastrukturprojekte
Trotz eine halbe Billion Euro Sondervermögen für Infrastruktur stehen drei zentrale Verkehrsprojekte im Bezirk der IHK Wiesbaden auf der Streichliste des Bundes, darunter das Wiesbadener Kreuz. Ein Stopp der Engpass-Reduktion könnte dramatisch ausfallen und die regionale Wirtschaft stark belasten. IHK-Präsident Jörg Brömer fordert eine schnelle Nachjustierung der Prioritäten.
Archivfoto
Das Bundesverkehrsministerium plant die Streichung von insgesamt 70 Verkehrsprojekten. Im Zuständigkeitsbereich der IHK Wiesbaden sind drei Vorhaben betroffen, darunter das hochpriorisierte Ausbauprojekt am Wiesbadener Kreuz, das eine Engpassreduzierung von bis zu 98 Prozent ermöglichen könnte.
Die Tatsache, dass wirtschaftlich relevante Maßnahmen aufgrund finanzieller Engpässe ins Stocken geraten, sorgt angesichts des beschlossenen Infrastruktur-Sondervermögens für Irritationen in der Wirtschaft.
Sondervermögen trifft auf Kürzungen
Im März 2025 verabschiedeten Bundestag und Bundesrat das „Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität“ in Höhe von 500 Milliarden Euro. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung hebt die Bedeutung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur für die wirtschaftliche Entwicklung ausdrücklich hervor.
Die angekündigten Rekordinvestitionen hatten in der Öffentlichkeit und bei Unternehmen die Hoffnung geweckt, dass marode Straßen, Brücken und Schienen endlich saniert werden. Die nun veröffentlichte Streichliste des Bundes sorgt jedoch für Verunsicherung, selbst Projekte mit bestehendem oder absehbarem Baurecht bis 2029 sind betroffen.
Drei Verkehrsprojekte im Raum Wiesbaden vor dem Aus
Laut aktueller Planung sollen bundesweit 70 Projekte keine Baufreigabe erhalten. Im Bezirk der IHK Wiesbaden betrifft dies:
- A 3 – Wiesbadener Kreuz
- B 260 – Ortsumgehung Schlangenbad / Wambach
- B 275 – Ortsumgehung Idstein / Eschenhahn
Jörg Brömer, Präsident der IHK Wiesbaden, warnt vor den Folgen: „Wenn einerseits 500 Milliarden Euro für Infrastruktur vorgesehen sind und andererseits Verkehrsprojekte wegen Finanznot gestrichen werden, riskiert die Politik einen großen Vertrauensverlust. Die Prioritäten der Streichliste müssen dringend nachjustiert werden, um die Infrastruktur als Grundlage unserer Wirtschaftsleistung nicht weiter zu schwächen.“
Infrastruktur als Wirtschaftsmotor
Sabine Meder, Hauptgeschäftsführerin der IHK Wiesbaden, betont die regionale Tragweite: „In Zeiten der Rezession braucht die regionale Wirtschaft endlich Perspektiven. Dazu gehört die Umsetzung des großen Investitionsbedarfs für eine leistungsfähige Infrastruktur.
Der Nutzen der Bauprojekte, insbesondere am Wiesbadener Kreuz, ist deutlich belegt. Für Pendlerinnen und Pendler und viele Unternehmen kann eine rasche Umsetzung große Potenziale freisetzen, die wir jetzt benötigen.“
Ausbau am Wiesbadener kreuz gestoppt
Das Wiesbadener Kreuz zählt zu den wichtigsten Verkehrsdrehkreuzen Hessens. Hier treffen die Bundesautobahnen A 3 und A 66 aufeinander. Im Bundesverkehrswegeplan 2030 ist das Projekt als „Vordringlicher Bedarf – Engpassbeseitigung“ eingestuft. Die geplante Umsetzung bis spätestens 2030 wird durch ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 5,8 gestützt. Dies ist ein klares Zeichen für die hohe Wirtschaftlichkeit.
Die Umweltbelastung ist gering, was die Realisierung zusätzlich erleichtert. Derzeit summieren sich die Staustunden auf 453.100 pro Jahr. Nach Fertigstellung sollen sie auf 13.600 Stunden sinken – eine Entlastung um 98 Prozent.
Standortvorteile gefährdet
Aus Sicht der IHK Wiesbaden ist das Projekt essenziell für die regionale Wirtschaft: Es verbessert die Erreichbarkeit, senkt Transportkosten, verkürzt Lieferzeiten und steigert die Attraktivität für Investitionen.
Für Unternehmen in Wiesbaden und Umgebung ist die Engpassbeseitigung ein entscheidender Standortfaktor.
Keine Entlastung für Schlangenbad/Wambach
Die geplante Umgehungsstraße entlang der B 260 soll die stark belastete Ortsdurchfahrt von Wambach entlasten. Der zweistreifige Neubau mit einer Länge von 1,7 Kilometern wurde bereits 2010 zur Planfeststellung eingereicht und im ILA-Verfahren priorisiert.
Im Bundesverkehrswegeplan 2030 ist das Projekt als „Vordringlicher Bedarf“ gelistet. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis von 2,0 belegt die Wirtschaftlichkeit. Die Umweltbetroffenheit wird als mittel eingestuft. Der jährliche Nutzen im Güterverkehr beträgt 0,549 Mio. Euro, der Gesamtnutzen liegt bei 1,659 Mio. Euro jährlich bzw. 33,841 Mio. Euro als Barwert.
Lebensqualität im Fokus
Die IHK Wiesbaden sieht in dem Projekt, das sich ebenfalls auf der Streichliste wiederfindet, eine strategische Maßnahme zur Verbesserung der Standortqualität, Verkehrssicherheit und Investitionssicherheit.
Die Entlastung der Ortsdurchfahrt fördert zudem die Lebensqualität und die Entwicklung des ländlichen Raums.
Ortsumgehung Idstein/Eschenhahn
Die geplante Umgehung der B 275 soll die Ortsdurchfahrt von Idstein/Eschenhahn nachhaltig entlasten. Vorgesehen ist ein 3,3 Kilometer langer Neubau mit zwei bis drei Fahrstreifen und einem Investitionsvolumen von 28,2 Mio. Euro. Das Projekt wurde bereits 2011 zur Planfeststellung eingereicht und als „Vordringlicher Bedarf“ eingestuft.
Das Nutzen-Kosten-Verhältnis von 3,1 zeigt, dass der volkswirtschaftliche Nutzen die Kosten deutlich übersteigt. Der jährliche Nutzen liegt bei 2,894 Mio. Euro, der Barwert bei 69,042 Mio. Euro.
Logistik stärken, Region entlasten
Die IHK Wiesbaden bewertet das Verkehrsprojekt als bedeutend für die regionale Wirtschaft: Es verbessert Verkehrsflüsse, senkt Transportzeiten und steigert die Standortattraktivität, insbesondere für logistikintensive Unternehmen. Die Maßnahme trägt zur Lärmreduktion, Verkehrssicherheit und Stärkung des ländlichen Raums bei.
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