Kunstgeschichte
Jawlensky kehrt heim: Archiv zieht nach Wiesbaden
Zum 200. Jubiläum des Museums Wiesbaden trifft jetzt ein außergewöhnliches Geschenk ein: Der umfangreiche Nachlass Alexej von Jawlenskys kommt zurück an den Ort, an dem der Künstler zwei Jahrzehnte lebte und wirkte. Bedeutende Geschichten, Dokumente und persönlichen Erinnerungsstücke werden nun erstmals wissenschaftlich erschlossen und später öffentlich zugänglich sein.
Fotos: Museum Wiesbaden / Dirk Uebele und Forschungsarchiv Alexej von Jawlensky im Museum Wiesbaden
Von persönlichen Gegenständen wie Seidenfliegen bis hin zu offiziellen Dokumenten: Der Nachlass Alexej von Jawlenskys eröffnet einen seltenen Blick auf das Leben des Expressionisten.
Zum 200. Jubiläum des Museums Wiesbaden in diesem Jahr ist das umfangreiche Archiv aus Locarno/Muralto in die hessische Landeshauptstadt überführt worden.
Jawlensky-Archiv ab 2027 öffentlich zugänglich
Über vier Jahrzehnte bewahrte Angelica Jawlensky Bianconi, die Enkelin des Künstlers, Briefe, Erinnerungsstücke und Dokumente ihres Großvaters.
Das neue „Forschungsarchiv Alexej von Jawlensky“ wird von Dr. Roman Zieglgänsberger, Kustos für Klassische Moderne, geleitet und ab 2027 teilweise im Rahmen einer umfassenden Neupräsentation der bedeutenden Jawlensky‑Sammlung öffentlich gezeigt.
Jubiläum mit großer Resonanz
Am 1. April 2025 feierte das Museum Wiesbaden seinen 200. Geburtstag. Rund 20.000 Besucher kamen allein im Jubiläumsmonat, um Ausstellungen und Veranstaltungen zu erleben. Besonders beliebt ist seitdem das Format „MuWi Stars“, das zur Mittagszeit kurze thematische Führungen anbietet.
Große Ausstellungen wie „Honiggelb“ über die Biene in Kunst und Natur oder die Herbstausstellung „Feininger, Münter, Modersohn‑Becker…“ prägten das Jahr ebenso wie kleinere Präsentationen, darunter Sven Drühls Landschaftsinterpretationen oder Louise Nevelsons Arbeiten aus gefundenen Objekten.
Ophelia im globalen Rampenlicht
Für internationale Aufmerksamkeit sorgte zudem Friedrich Heysers Jugendstilgemälde „Ophelia“, das durch Taylor Swifts Album „The Fate of Ophelia“ weltweit Beachtung fand.
Auch die Präsentation der Wettbewerbsergebnisse für den geplanten Erweiterungsbau rückte das Museum in den Fokus. Mit dem Eintreffen des Jawlensky‑Archivs findet das Jubiläumsjahr nun einen besonderen Abschluss.
Der Weg des Archivs
Bereits 2021 wurde angekündigt, dass das Jawlensky‑Archiv innerhalb von fünf Jahren nach Wiesbaden zurückkehren soll. Angelica Jawlensky Bianconi, Enkelin des russisch‑deutschen Künstlers, hat dieses Versprechen eingelöst und das Archiv, das sie 40 Jahre lang betreut hat, dem Museum geschenkt.
Alexej von Jawlensky, eine Schlüsselfigur der europäischen Moderne, starb 1941 in Wiesbaden, wo er zwei Jahrzehnte lebte und arbeitete. Sein Sohn Andreas begann nach seiner Rückkehr aus zehnjähriger Kriegsgefangenschaft 1955 mit dem Aufbau des Archivs.
Rückkehr nach Wiesbaden
Die politische Lage nach dem Einmarsch der sowjetischen Armee in Ungarn 1956 veranlasste die Familie, aus Angst vor erneuter Gefangenschaft in die neutrale Schweiz zu ziehen. Nach Andreas Jawlenskys Tod 1984 führten seine Frau Maria und die Töchter Lucia und Angelica das Archiv weiter. 1998 übernahm Angelica Jawlensky Bianconi die alleinige Leitung und etablierte einen wissenschaftlichen Beirat.
Bei der Ausstellung „Alles! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden“ kündigte sie 2021 an, das Archiv zu schenken – symbolisch begleitet von der Übergabe der Einbürgerungsurkunde des Künstlers. Im Oktober 2025 trafen schließlich 110 Umzugskartons in Wiesbaden ein.
Ein Schatz für Forschung und Provenienz
Das Archiv umfasst umfangreiche Korrespondenzen mit Künstlerinnen und Künstlern wie Kandinsky oder Kerkovius, autobiografische Texte, historische Werkverzeichnisse, Adressbücher und zahlreiche Materialien, die für die Provenienzforschung von großer Bedeutung sind.
Hinzu kommen Fotografien, Urkunden, Möbelstücke und persönliche Gegenstände des Künstlers – darunter Reisepässe, Vasen, die in vielen seiner Gemälde auftauchen, sowie die farbigen Seidenfliegen, für die Jawlensky bekannt war. Zuletzt übergab Angelica Jawlensky Bianconi auch den gesamten Schmuck, den der Künstler seiner Frau Helene schenkte, darunter das 1927 von ihm selbst gefertigte Medaillon „Abstrakter Kopf – Zärtlichkeit“.
Internationales Jawlensky‑Zentrum
„Dass zur weltweit bedeutendsten Jawlensky-Sammlung nun auch der schriftliche Nachlass sowie das über 70 Jahre angewachsene Archiv im Museum Wiesbaden hinzugekommen ist“, freuen sich Direktor Dr. Andreas Henning und Kustos Dr. Roman Zieglgänsberger, „dafür ist Angelica Jawlensky Bianconi der größte Dank auszusprechen. Damit ist das Museum endgültig das maßgebliche Forschungszentrum zur Kunst Alexej von Jawlenskys.“
Neupräsentation ab 2027
Im Jahr 2027 wird die Jawlensky‑Sammlung im Museum Wiesbaden neu arrangiert. In diesem Zuge sollen auch Teile des Archivs öffentlich zugänglich gemacht und für die Forschung umfassend erschlossen werden.
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