Museum Wiesbaden
Von Gift bis „Blaue Reiterinnen“: Ein Ausstellungsjahr 2026 voller Überraschungen
Das Kunsthaus an der Friedrich Ebert-Allee in Wiesbaden plant für 2026 ein Programm, das mit mutigen Themen und ungewohnten Blickwinkeln überrascht. Von einer weltweit ersten Ausstellung über die Künstlerinnen des Blauen Reiters bis hin zu einer Schau über die Macht des Giftes, das Jahr verspricht Vielfalt, neue Impulse und einige Entdeckungen, die Kunstliebhaber neugierig machen dürften.
Fotos: Museum Wiesbaden / Dirk Uebele
Die Geschichte der Moderne wird häufig über die Werke männlicher Künstler erzählt. Namen wie August Macke, Ernst Ludwig Kirchner, Franz Marc, Wassily Kandinsky oder Alexej von Jawlensky prägen das Bild.
Doch im Umfeld des „Blauen Reiters“ wirkten auch zahlreiche Künstlerinnen, deren Einfluss bislang kaum gewürdigt wurde. Eine Ausstellung im Herbst 2026 rückt diese Frauen nun erstmals umfassend ins Zentrum und beleuchtet ihren Beitrag zur Entwicklung der modernen Kunst.
Die ambivalente Wirkung toxischer Stoffe
Bevor die „Blauen Reiterinnen“ die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, widmet sich das Museum Wiesbaden im März 2026 einem ganz anderen Thema: der Faszination des Giftes. Die Ausstellung „Gift“ untersucht die vielfältigen Funktionen toxischer Substanzen, vom Heilen bis zum Töten, vom Warnen bis zum Schützen.
Archäologische Funde, ethnologische Objekte und naturwissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, wie Menschen seit jeher mit dem Giftigen umgehen.
Jugendstil, Avantgarde und World Design Capital
Das Jahresprogramm umfasst zudem eine Schau über einen nahezu vergessenen Jugendstilmeister aus Dresden sowie eine Präsentation zweier Künstler, die bereits in der historischen Ausstellung „Couleur vivante“ vertreten waren.
Ein weiterer Höhepunkt ist der „Call for Flags“ auf der Wiesbadener Wilhelmstraße, der im Rahmen der World Design Capital 2026 stattfindet und internationale Gestaltungsperspektiven sichtbar macht.
Statement des Museumsdirektors
„Eine Weltpremiere mit den Blauen Reiterinnen zu feiern, ist uns eine echte Freude. Wir sind zuversichtlich, dass die Stadt Wiesbaden im Herbst einen großen Andrang von Touristen erfährt, die eigens für die Schau von weit her anreisen!
Mit der Beteiligung am World Design Capital Frankfurt Rhein/Main mit Women&Type rücken wir 2026 Design for Democracy und starke weibliche Persönlichkeiten im Fokus.“ sagt Dr. Andreas Henning, Direktor des Museums Wiesbaden.
Ausstellungen 2026
Zu Beginn des Jahres eröffnet die Kunstabteilung mit einer historischen Perspektive: Die Ausstellung „Unter Druck“ präsentiert politische Plakate aus den Jahren 1918 bis 1933.
In Kooperation mit dem Hessischen Landtag werden Werke aus der Sammlung Maximilian Karagöz gezeigt, die die gesellschaftlichen und politischen Spannungen dieser Zeit eindrucksvoll widerspiegeln.
Jugendstil und Symbolismus
Mit „Ein Meister aus Dresden“ rückt das Museum den Jugendstilkünstler Georg Lührig in den Fokus. Die Schau widmet sich selten gezeigten Arbeiten aus Jugendstil und Symbolismus, darunter auch Fresken aus Dresden, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden.
Die Retrospektive eröffnet einen neuen Blick auf einen Künstler, dessen Werk lange im Schatten stand.
Flaggen für die Demokratie
Im Sommer folgt mit „Women & Type – Call for Flags“ ein internationales Designprojekt. Renommierte Typografinnen und Type Designerinnen gestalten Flaggen, die im Rahmen der »World Design Capital Frankfurt RheinMain« die Wiesbadener Wilhelmstraße bespielen.
Ergänzend dazu zeigt das Museum Wiesbaden konzeptuelle Arbeiten in seinen Ausstellungsräumen sowie im Pavillon LUX der Hochschule Mainz.
Weltpremiere: Die Blauen Reiterinnen
Ein Höhepunkt des Jahres erwartet Besucher im Herbst: Die Abteilung für Klassische Moderne präsentiert mit den „Blauen Reiterinnen“ erstmals eine umfassende Gruppenausstellung zu den Künstlerinnen der Avantgardebewegung „Der Blaue Reiter“.
Das Kooperationsprojekt mit dem Lenbachhaus München, dem Paula Modersohn-Becker Museum Bremen und der Fondazione Werefkin in Ascona stellt bedeutende und lange übersehene Positionen vor.
Drei Häuser erinnern an historische Schau
Zum Jahresende widmen sich das Museum Reinhard Ernst, das Museum Wiesbaden und der Nassauische Kunstverein gemeinsam der legendären Ausstellung „Couleur vivante“ von 1957.
Im Museum Wiesbaden liegt der Schwerpunkt auf den Werken von Ursula und Bernard Schultze, ergänzt durch weitere künstlerische Positionen der damaligen Bewegung.
Jahresausstellung „Gift“
Ab März 2026 verbindet die große naturhistorische Ausstellung „Gift“ biologische, kulturelle und wissenschaftliche Perspektiven. Gifte übernehmen in der Natur vielfältige Rollen. Sie schützen vor Fressfeinden, ermöglichen Jagdstrategien oder dienen der Kommunikation.
Die Ausstellung beleuchtet zudem den menschlichen Umgang mit toxischen Substanzen, von historischen Giftmorden über Umweltgifte bis hin zur medizinischen Nutzung.
Studienausstellung „Brutpflege – Liebe ohne Worte“
Ergänzend widmet sich die Studienausstellung „Brutpflege – Liebe ohne Worte“ der Fürsorge im Tierreich. Anhand zahlreicher Beispiele zeigt sie, wie unterschiedlich Tierarten ihre Jungen schützen, versorgen und großziehen: Ein Blick auf Bindung und Elternliebe jenseits menschlicher Vorstellungen.
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Infobox
Öffnungszeiten
Montag geschlossen
Dienstag, Mittwoch, Freitag
sowie Samstag, Sonntag, Feiertage 10:00 bis 17:00 Uhr
Donnerstag 10:00 bis 21:00 Uhr
An Feiertagen ist das Museum auch montags von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. Geschlossen bleibt es am 1. Januar sowie am 24., 25. und 31. Dezember.
Pädagogische Gruppen können nach vorheriger Anmeldung bereits ab 9:00 Uhr exklusiv die Bereiche Kunst und Natur besuchen (Dienstag bis Freitag).
Eintrittspreise
Sonderausstellungen: 12 Euro regulär / 9 Euro ermäßigt
Dauerausstellung: 8 Euro regulär / 5 Euro ermäßigt
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren: Eintritt frei
Schulklassen und pädagogische Gruppen inkl. zwei Begleitpersonen: Eintritt frei
Weitere Ermäßigungen finden Sie auf der Website des Museum Wiesbaden.
Freier Samstag
An jedem ersten Samstag im Monat ist der Besuch aller Ausstellungen und Sammlungen dank der Unterstützung der Freunde des Museums Wiesbaden e.V. kostenfrei.
Langer Donnerstag
Immer donnerstags lädt das Museum Wiesbaden zu einem verlängerten Kulturabend bis 21:00 Uhr ein. Ein vielfältiges Programm begleitet die abendlichen Öffnungszeiten, und das Trüffel Museumscafé bietet einen genussvollen Ausklang des Besuchs.
Ausstellungen 2026
Unter Druck
Politische Plakate 1914—1933
6. Februar 2026 bsi 9. August 2026
Das politische Plakat tritt in Europa erstmals massiv als Propagandaplakat im Ersten Weltkrieg auf. Die Kriegsparteien agieren dabei sehr verschieden. Von sachlich-faktischer Argumentation bis hin zur Lüge und emotionaler Ansprache, ein Spektrum, das sich in den politischen Plakaten der Folgejahre weiterentwickelt. Nach Ende des Ersten Weltkriegs scheinen expressionistische Plakate den traumatisierten Zustand einer ganzen Nation widerzuspiegeln. Die wachsende Brutalität der politischen Auseinandersetzung in den 1920er und 1930er Jahren spiegelt sich auch in der Rohheit der Plakatmotive wider, vor allem solcher, die von extrem linken und rechten politischen Rändern verbreitet wurden. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten endet die Vielfalt der politischen Stimmen auf Plakaten im öffentlichen Raum.
In der Ausstellung werden politische Plakate aus der Sammlung des Wiesbadeners Maximilian Karagöz gezeigt. In Kooperation mit dem Hessischen Landtag, der in einer Ausstellung politische Plakate von 1945 bis 1991 zeigt (18. März bis 12. April 2026).
Gift
20. März 2026 — 4. April 2027
Gifte faszinieren — sie töten, heilen, warnen, schützen.
Die große Jahresausstellung „GIFT“ im Landesmuseum Wiesbaden verbindet Natur, Kultur und Wissenschaft auf vielfältige Weise. In der Natur übernehmen Gifte unterschiedliche Funktionen: Sie dienen dem Schutz vor Fressfeinden wie bei den Baumsteigerfröschen oder ermöglichen den Beutefang wie etwa bei der Kobra. Auch der menschliche Umgang mit dem Giftigen wird beleuchtet — von historischen und aktuellen Giftmorden über die Wirkung von Umweltgiften auf Mensch und Natur bis hin zur medizinischen Nutzung toxischer Substanzen. So bleibt die Erkenntnis des Paracelsus bis heute gültig: „Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“
Jugendstil und Symbolismus
Georg Lührig: Ein Meister aus Dresden
22 Mai 2026 bsi 17. Januar 2027
Georg Lührig (1868—1957) zählt zu jenen Künstlern, die um die Jahrhundertwende Dresdens Kunstszene bestimmten, indem sie die Strömungen des Jugendstils und des Symbolismus in eine ihnen eigene geheimnisvolle und faszinierende Bildsprache fassten. Lührigs Gesamtwerk zeichnet sich durch große gestalterische wie inhaltliche Vielseitigkeit aus. Er experimentierte mit unterschiedlichen Arbeitsmaterialien und Techniken, darunter Kohle, Bleistift, Aquarellfarbe sowie Lithografie.
Die Ausstellung dokumentiert das Werk eines Künstlers, den es heute wieder zu entdecken gilt — kleine Studienblätter, großformatige Ölgemälde und monumentale Fresken, die im Rahmen von Auftragsarbeiten für öffentliche Gebäude entstanden, Stillleben, Landschaften und Tierdarstellungen sowie Porträtarbeiten. Nicht zuletzt sind auch die Werke wieder zu entdecken, die Lührig als Kriegsmaler im Ersten Weltkrieg schuf, eingesetzt in Frankreich/Champagne und Syrien/Aleppo.
Brutp¬flege: Liebe ohne Worte
Studienausstellung
7. Juni 2026 bis 10. Januar 2027
Die Fähigkeit, Fürsorge zu zeigen und den Nachwuchs zu schützen, ist in vielen Tierarten tief verwurzelt. Solche Verhaltensweisen werden durch Nerven und Hormone gesteuert, ähnlich wie bei uns Menschen. Ob Insekt, Frosch, Vogel oder Fisch: Auch sie zeigen Bindungsverhalten. Vielleicht fühlen sie anders. Vielleicht nicht wie wir. Doch Elternliebe ist überall.
Women* & Type
Call for Flags
11. Juli 2026 bis 3. Oktober 2026
Flagge zeigen für Demokratie — Über einen »Call for Flags« werden 20 international renommierte Designerinnen eingeladen mit typografisch gestalteten Flaggen die Wiesbadener Flaniermeile „Rue“ (Wilhelmstraße) zu bespielen. Das Museum wiederum präsentiert im Oktogon die konzeptuellen Überlegungen und individuellen gestalterischen Positionen der Typografinnen und Type Designerinnen. Vertieft werden dabei besonders Fragen nach persönlicher und gestalterischer Identität, Geschlecht und Herkunft.
Die Ausstellung findet im Rahmen des »World Design Capital Frankfurt RheinMain« (WDC) statt, das 2026 zum Thema »Design for Democracy. Atmospheres for a better Life« im RheinMain-Gebiet veranstaltet wird.
»Women* & Type« ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem Museum Wiesbaden und dem Institut Designlabor Gutenberg der Hochschule Mainz.
Die Blauen Reiterinnen
HIGHLIGHT 2026
23. Oktober 2026 bis 21. Februar 2027
„Der Blaue Reiter“ ist ein Kreis von unterschiedlichsten Persönlichkeiten, die im Bereich der ästhetischen Theorie, Malerei, Grafik, Literatur und Musik Visionäres geleistet haben. Mit seinen beiden in den Jahren 1911 und 1912 organisierten Ausstellungen und dem 1912 herausgegebenen Almanach steht er für eine Subjektivierung in der Kunst, die Befreiung der Farbe vom Gegenstand und die Idee einer Gleichwertigkeit von künstlerischen Ausdruckformen unterschiedlicher Epochen, Gattungen und Regionen. Damit ist er Teil der internationalen Avantgardebewegungen vor dem Ersten Weltkrieg.
Nahezu völlig unerforscht blieb bis heute, welchen großen Anteil die einzelnen Künstlerinnen im Umfeld des „Blauen Reiter“ an der Entwicklung der Moderne hatten, welche Strategien und Netzwerke sich diese zurechtlegten, um trotz des damals herrschenden, ihnen völlig widrigen gesellschaftlichen Normengefüges ein Leben als selbstständige Künstlerin führen zu können. Auch fragt die Ausstellung, wer all die mitunter völlig vergessenen, in ihren Lebensläufen kaum mehr zu rekonstruierenden Künstlerinnen überhaupt waren.
Und hier sind sie: Erma Bossi — Sonia Delaunay-Terk — Emmi Dresler — Elisabeth Epstein — Elisabeth Erdmann-Macke — Natalia Gontscharowa — Else Lasker-Schüler — Maria Franck-Marc — Olga Meerson — Gabriele Münter — Carla Pohle — Marianne von Werefkin
Eine Ausstellung des Museum Wiesbaden in Kooperation mit der Städtischen Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, dem Paula Modersohn-Becker Museum, Bremen und der Fondazione Werefkin, Ascona.
Mit schönen Grüßen von Spinne und Bär
URSULA und Bernard Schultze im Museum Wiesbaden
13. November 2026 bis 2. Mai 2027
2027 jährt sich zum 70. Mal die wegweisende Ausstellung „Lebendige Farbe — Couleur vivante“, zu der im Museum Wiesbaden das Who-is-who der neuen gestisch-abstrakten Malerei versammelt wurde. Zugleich war diese Schau ein Brückenschlag der jungen deutsch-französischen Freundschaft. Freundschaft ist auch das Stichwort unserer Präsentation. Die Beziehung des Künstlerpaars Schultze-Bluhm zum Museum Wiesbaden, vor allem aber auch zu Clemens Weiler, dem innovativen Direktor der Nachkriegszeit soll im Zentrum unserer Kabinettausstellung stehen. Natürlich mittels der Werke der beiden Kunstschaffenden, aber auch über persönliche Grußkarten, Notizen und Anekdoten: Sammlungsgeschichte als Kunstgeschichte und ganz nebenbei eine Auswahl lange nicht gezeigter Schätze aus den Depots des Museums.
Die Ausstellung ist Teil einer Kooperation mit dem Museum Reinhard Ernst und dem Nassauischen Kunstverein.


