Finanzplan

Haushaltsstreit in Wiesbaden: Schwarze Null oder Schönrechnung?

Der Haushaltsplan 2026 für Wiesbaden steht: Die Rathauskooperation aus SPD, Grünen, Linken und Volt setzt auf Investitionen in Bildung, Klimaschutz und Digitalisierung, ohne Steuererhöhungen. Die CDU hingegen warnt vor finanzieller Schönfärberei und kritisiert die Auflösung der Rücklagen. Ein Überblick über die Pläne, Streitpunkte und politischen Kontraste.

Von: |Erschienen am: 21. Oktober 2025 17:28|

Symbolfoto

Die Haushaltsberatungen für das Jahr 2026 in Wiesbaden sind abgeschlossen, die Positionen könnten unterschiedlicher kaum sein. Während die Rathauskooperation aus SPD, Grünen, Linken und Volt ihren Haushaltsplan als sozial ausgewogen, ökologisch zukunftsorientiert und digital fortschrittlich präsentiert, erhebt die CDU als größte Oppositionsfraktion schwere Vorwürfe:

Die Stadt stehe finanziell schlechter da denn je, die Rücklagen seien aufgebraucht, und die Haushaltsplanung sei aus ihrer Sicht weder glaubwürdig noch genehmigungsfähig.

Rathauskooperation legt Haushaltsplan 2026 vor

Trotz weiterhin angespannter finanzieller Rahmenbedingungen haben sich die Koalitionspartner auf einen gemeinsamen Kurs verständigt, um die Entwicklung der Stadt fortzusetzen.

Nach Darstellung des Bündnises soll Wiesbaden dabei ökologischer, sozialer und digitaler werden.

Finanzrahmen und Genehmigungsvorgaben

Nach Angaben der Mehrheitsbündnisses wird im Haushaltsplan der finanzielle Rahmen des Stadtkämmerers eingehalten.

Auch die Vorgaben des Landes Hessen zur Haushaltsaufstellung sollen erfüllt werden. Damit seien die Voraussetzungen für eine Genehmigung durch die Aufsichtsbehörden gegeben.

Keine Steuer- oder Gebührenerhöhungen

Der Entwurf für den Haushalt 2026 ist nach Angaben der Kooperation ausgeglichen und weist kein Defizit auf. Auf Steuer- und Gebührenerhöhungen soll verzichtet werden, um die Bürger in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht zusätzlich zu belasten.

Globale Minderausgabe

Das Rathausbündnis sieht die Sicherung des Bestands städtischer Leistungen und Projekte als zentrale Leitlinie. Nach Angaben der Kooperation werden beschlossene Bauprojekte und Sanierungsmaßnahmen fortgeführt, gleichzeitig sollen wichtige Zukunftsinvestitionen umgesetzt werden.

Im Haushaltsplan ist zudem die vom Land Hessen eingeführte Globale Minderausgabe berücksichtigt. Die Dezernate sollen den Stadtverordneten im Haushaltsvollzug konkrete Vorschläge vorlegen, wie diese Vorgabe umgesetzt werden kann.

CDU kritisiert Haushaltslage

Die CDU-Rathausfraktion hat sich nach eigenen Angaben intensiv in die Haushaltsberatungen eingebracht. Daniela Georgi, Fraktionsvorsitzende, erklärt:

„Eines ist klar: Wiesbaden steht finanziell so schlecht da wie nie zuvor, und das nach Jahren mit Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer und massiven Gebührenerhöhungen für die Bürgerinnen und Bürger.“ Die CDU sieht es kritisch, wenn das Linksbündnis im Haushaltsentwurf von einer schwarzen Null spricht.

Rücklagen aufgebraucht

Nach Einschätzung der CDU seien die städtischen Rücklagen von ursprünglich 300 Millionen Euro innerhalb von vier Jahren vollständig aufgebraucht worden.

„Das Sparbuch auflösen, um die erheblichen Mehrkosten zu finanzieren und dann zu behaupten, man wirtschafte solide, das ist schon geradezu grotesk. Das ist ein beispielloser Vorgang. Ddabei wurden die dringendsten Probleme in dieser Stadt auch nicht mal ansatzweise gelöst,“ so Georgi.

Kritik an Ankündigungspolitik

Darüber hinaus kritisiert die CDU die fortlaufende Politik der Ankündigungen. „Jahr für Jahr werden neue Projekte in Aussicht gestellt, ohne die finanziellen Folgen abzusichern. Allein diese Ankündigungspolitik verschlingt Millionen an Planungskosten für Projekte, die am Ende oft nicht umgesetzt werden.“

Manuel Köhler sieht fehlende Zustimmungsfähigkeit

Manuel Köhler, finanzpolitischer Sprecher der CDU, äußert sich kritisch zum Haushaltsplan 2026: „Erneut werden die Stadtverordneten mit einem handwerklich schlecht gemachten Haushaltsentwurf konfrontiert, der zudem nicht genehmigungsfähig ist. Der heute vorgestellte Haushaltsplan des Linksbündnisses ist in unseren Augen zudem hochgradig unglaubwürdig.“

Riesige Defizite in den Vorjahren

Köhler verweist auf die Haushalte der vergangenen Jahre und zieht einen Vergleich zwischen Planung und tatsächlichem Ergebnis: „Schaut man sich die Haushalte der zurückliegenden Jahre an und vergleicht sie mit dem, was tatsächlich eingetreten ist, so kann man nur von einem illusorischen Wunsch-Haushalt sprechen.

2024 waren 39,4 Millionen Euro Defizit geplant worden, tatsächlich waren es 129 Millionen Euro. 2025 23,4 Millionen Euro zu voraussichtlich 105 Millionen Euro.“

Vertrauen in die Haushaltsplanung erschüttert

Abschließend stellt Köhler die Perspektive der CDU dar: „Welchen Wert hat dann der Plan für 2026? Das Vertrauen in die finanzpolitische Kompetenz des Kämmerers und des Linksbündnisses ist erschüttert.“

Schwerpunkte im Haushalt 2026

Die Kooperationsfraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, Die Linke und Volt haben sich auf die zentralen Schwerpunkte und einige Neuerungen für das Jahr 2026 verständigt.

Wiesbaden auf dem Weg zur Klimaneutralität

Gesine Bonnet, Fraktionsvorsitzende der Grünen, betont: „Wiesbaden macht ernst mit dem Umstieg zur Klimaneutralität und investiert in allen Bereichen in erneuerbare Energien und mehr Energieeffizienz.“ Zu den geplanten Maßnahmen zählen der Ausbau der Fernwärme, die energetische Sanierung von Gebäuden, die Stärkung des Umweltverbunds etwa durch Rad- und Fußwegeausbau, die Reform des Liniennetzes, die Anschaffung von E-Bussen sowie der Ausbau der E-Ladeinfrastruktur. Das beliebte WI15-Ticket, das rund 20.000 Kinder und Jugendliche nutzen, soll im Preis stabil bleiben.

„Diese Investitionen rechnen sich in vielfacher Hinsicht: Sie sorgen für gesündere Luft, bessere Mobilität und mehr Lebensqualität in der Stadt und gewährleisten langfristig eine sichere und bezahlbare Energieversorgung, ein entscheidender Standortfaktor auch für Unternehmen.“

Rekordinvestitionen in Bildung und Schulbau

Silas Gottwald, SPD-Fraktionsvorsitzender, erklärt: „Schulbau und Investitionen in gute Bildung für Kinder und Jugendliche haben Priorität. Über 54 Millionen Euro stehen 2026 für neue Schulgebäude, Mensen und Turnhallen bereit – ein Rekordwert.“

Neu eingeführt wird der Sozialindex für Grundschulen: Jede Schule erhält zusätzliche Mittel, abhängig vom Anteil der armutsbetroffenen Kinder in ihrem Einzugsgebiet. Insgesamt stehen eine halbe Million Euro zur Verfügung. Zweckgebunden sollen damit Maßnahmen finanziert werden, die den Schulalltag und die Chancengleichheit verbessern, etwa Hausaufgabenhilfe, Ausflüge oder zusätzliche Ressourcen für individuelle Förderung.

Soziales Netz stärken und ausbauen

Ingo von Seemen, Fraktionsvorsitzender der Linken, erläutert: „In Kastel und im Bergkirchenviertel richten wir zwei neue Erziehungsberatungsstellen ein. Außerdem wird die Schulsozialarbeit gestärkt und ein Projekt zur psychosozialen Betreuung von Schutzsuchenden initiiert.“

Ziel sei es, das soziale Netz zu erhalten und bestehende Lücken zu schließen. Mit einem neuen Leerstandsmanagement soll zudem spekulativer Leerstand bekämpft und zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden.

Neue Maßnahmen für Kinder, Jugendliche und Familien

Gottwald ergänzt: „Für den Bau zusätzlicher Krippen und Kitas stehen insgesamt 15 Millionen Euro bereit. Neue Einrichtungen entstehen in mehreren Stadtteilen. Soziale Träger wie Caritas, AWO oder der Sozialdienst Katholischer Frauen erhalten über eine halbe Million Euro zusätzliche Mittel, um auf den gestiegenen Bedarf reagieren zu können.“

Digitalisierung als Zukunftsinvestition

Janine Vinha, Fraktionsvorsitzende von Volt, betont: „Digitalisierung ist kein Sprint, sondern eine Daueraufgabe. Wir wollen gezielt in Projekte investieren, die für die Verwaltung zentral und notwendig sind.“

Zentrale Maßnahmen sind die Einführung der Behördennummer 115 als Anlaufstelle, die Fortsetzung des New-Work-Programms sowie ein Digitalisierungsfonds von zwei Millionen Euro, um neue Projekte unterjährig schnell umsetzen zu können. Ziel ist eine moderne, serviceorientierte Verwaltung, die den Alltag von Bürgern sowie Beschäftigten erleichtert.

Attraktiver öffentlicher Raum

Johannes Luderschmidt, Grüner Fraktionsvorsitzender, erläutert: „Ein attraktiver öffentlicher Raum für alle bleibt ein zentrales Anliegen der Kooperation. Wir investieren in die Umgestaltung zentraler Plätze, Spiel- und Bolzmöglichkeiten sowie die Erweiterung von Fußgängerzonen.“

Die Aktive Bodenpolitik wird mit 16,6 Millionen Euro ausgestattet, um Innenentwicklungspotenziale besser zu nutzen und Unternehmen schneller mit geeigneten Flächen zusammenzubringen.

Wirtschaftsförderung und Gründerstandort

Gesine Bonnet ergänzt: „Der Wandel der Innenstadt ist eine zentrale Aufgabe. Das Citymanagement wird weiterhin gut ausgestattet, und Zuschüsse für Stadtfeste bleiben stabil.“

Zudem werden das Innovationszentrum Altes Gericht und das Sustainability-Startup-Hub unterstützt, um das Gründerökosystem in Wiesbaden zu stärken. Auch die Umsetzung der Handwerksagenda wird gefördert.

Ausstattung und Sanierung der Feuerwehr

Gottwald weist auf die geplanten Maßnahmen für Feuerwehr und Rettungsdienst hin: „Die Sanierung der Feuerwehrgerätehäuser in Rambach, Erbenheim und Nordenstadt wurde begonnen, jetzt kommt Sonnenberg hinzu. Auch das Dach der Feuerwache 2 wird erneuert, Mittel für die Sanierung der Feuerwache 1 stehen bereit.

Zudem werden neue Atemschutzgeräte, Schlauchmaterial, Sirenenanlagen und zusätzliches Material für die Rettungsdienstschule bereitgestellt. Insgesamt betragen die zusätzlichen Mittel 4,7 Millionen Euro.“

IT-Sicherheit und Verwaltung

Vinha erklärt: „Die Umsetzung der Empfehlungen aus den Revisionsberichten und die Eigenkapitalerhöhung der Wivertis um 3,5 Millionen Euro zeigen, dass wir konsequent und lösungsorientiert handeln. So schaffen wir eine sichere und stabile IT-Basis für die gesamte Verwaltung und verankern europäische Standards für Qualität, Transparenz und Effizienz.“

Weitere Schritte zum Haushaltsbeschluss

Die Beratungen im Finanzausschuss beginnen an diesem Mittwoch. Dort werden die Einzelpläne der Dezernenten sowie weitere Anträge der Fraktionen behandelt.

Die Beratungen sollen am Freitag abgeschlossen sein. Die Generaldebatte in der Stadtverordnetenversammlung mit dem finalen Beschluss des Haushaltsplans ist für den 27. November geplant. Anschließend wird der Haushaltsplan zur Genehmigung an das Land Hessen übermittelt.

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