Kirchenmusik

BachVespern Frankfurt-Wiesbaden: Finale nach 21 Jahren

Nach über zwei Jahrzehnten geht ein einzigartiges Kirchenmusikprojekt zu Ende: Die BachVespern Frankfurt-Wiesbaden verabschieden sich mit der Kantate BWV 80 aus der gemeinsamen Bühne. Während Frankfurt das Format fortführt, plant Wiesbaden musikalisch Neues: die Form bleibt, der Inhalt wandelt sich.

Von: |Erschienen am: 21. Oktober 2025 17:59|

Fotos: BachVespern

Ein außergewöhnliches Kapitel der Kirchenmusik geht zu Ende. Mit der Aufführung von Johann Sebastian Bachs Kantate „Ein feste Burg ist unser Gott“ (BWV 80) am 1. und 2. November wird der 2004 gestartete Zyklus der BachVespern in seiner bisherigen Form abgeschlossen.

Die Kooperation zwischen Frankfurt und Wiesbaden, die über zwei Jahrzehnte hinweg Musik und Liturgie miteinander verband, findet damit ihren Abschluss.

Kirchenmusikprojekt mit internationaler Strahlkraft

Was einst als visionäre Idee von Michael Graf Münster, Kantor an St. Katharinen in Frankfurt, und Martin Lutz, Propsteikantor in Wiesbaden-Schierstein, begann, entwickelte sich zu einem weltweit einzigartigen Format.

Ziel war es, sämtliche Kirchenkantaten Bachs in Gottesdiensten zweier Hauptkirchen des Rhein-Main-Gebiets aufzuführen – begleitet von einem Gesprächskonzert. Zehnmal jährlich erklangen die Werke samstags in Frankfurt und sonntags in Wiesbaden.

Über 200 Kantaten in zwei Jahrzehnten

Mehr als 200 Kantaten wurden in den vergangenen 21 Jahren aufgeführt. Die musikalische Qualität wurde getragen von einem festen Ensemble professioneller Musiker, unterstützt durch die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt. Martin Lutz und Michael Graf Münster prägten das Projekt als Dirigenten und Continuo-Spieler, ebenso wie ihre Nachfolger.

Gesprächskonzert und Gottesdienst als Einheit

Die BachVespern folgten einem festen Ablauf: Ein 20-minütiges Gesprächskonzert vermittelte Hintergrundwissen zur jeweiligen Kantate und schulte das bewusste Hören.

Im anschließenden Gottesdienst wurde die Kantate musikalisch und liturgisch eingebettet. „In der BachVesper kann man die Kantate wie eine Plastik von allen Seiten umschreiten“, sagt Michael Graf Münster.

Prominente Predigern und geistliche Impulse

Die theologischen Impulse kamen von wechselnden Predigern, darunter Propst Oliver Albrecht und der ehemalige Kirchenpräsident Volker Jung.

Bei den beiden letzten BachVespern Anfang November übernimmt die neue Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Christiane Tietz, die Predigt.

Staffelübergabe und musikalische Kontinuität

Nach dem Ruhestand von Lutz und Graf Münster wurde das Projekt in beiden Städten weitergeführt. In Wiesbaden übernahm Clemens Bosselmann die Leitung, in Frankfurt Klaus Eldert Müller, bis zu dessen Abschied im September 2025. Beim letzten Konzert wirkt Professor Martin Lücker, langjähriger Organist an St. Katharinen, mit.

Neue musikalische Ausrichtung in Wiesbaden

Mit dem Ende der BachVespern in Wiesbaden richtet Propsteikantor Clemens Bosselmann den Blick auf neue Inhalte. Künftig soll die Motette im Zentrum stehen.

Die bewährte Form mit Gesprächskonzert und thematischem Gottesdienst bleibt erhalten. „Das Konzept ist so gut durchdacht und wird vom Publikum so gut angenommen, dass wir es gerne beibehalten wollen“, so Bosselmann.

Fortsetzung der BachVespern in Frankfurt

In Frankfurt wird das Format fortgeführt, allerdings ohne die Kooperation mit Wiesbaden. Prodekanin Amina Bruch-Cincar, zuständig für Kirchenmusik im Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach, betont:

„Dass es an so zentraler Stelle ein derartig hochkarätiges Angebot gibt, das Verkündigung in Wort und Musik mit dem Namen Johann Sebastian Bachs verbindet.“ Der große Zuspruch zeige, „dass Kirche theologisch und kulturell viel zu bieten hat“.

Klangkörper und Nachwuchs fördern Kirchenmusik

Die Kantorei St. Katharinen, die Schiersteiner Kantorei und das Bach-Collegium Frankfurt-Wiesbaden prägten den Klang der Aufführungen.

Besonders hervorzuheben sind der Oboist Manfred Bellmann und der Cellist Stephan Breith. Auch junge Gesangstalente der Frankfurter Hochschule fanden hier eine Bühne.

Publikumserfolg über kirchliche Grenzen hinaus

Das Kirchenmusikprojekt erreichte nicht nur kirchlich geprägte Kreise. Monatlich kamen in beiden Städten durchschnittlich über 200 Besucher. Für viele war die BachVesper ein fester Bestandteil ihres kulturellen Kalenders.

„Eine der besten Ideen, die wir hatten“, sagt Martin Lutz. „Sich so viele Jahre so regelmäßig mit Musik auf allerhöchstem Niveau zu beschäftigen, immer wieder neu zu spüren, was gemeint ist, wie man etwas gestaltet: Das war für uns fordernd und beglückend zugleich.“ Michael Graf Münster fasst zusammen: „Es geht um Kunst. Die BachVespern zeigen der Stadt, wozu die Kirche geistig in der Lage ist.“

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Infobox

Abschlusstermine der BachVespern

Samstag, 1. November, 18:00 Uhr
St. Katharinen Frankfurt (Hauptwache)

Sonntag, 2. November, 17:00 Uhr
Marktkirche Wiesbaden

Kantate: BWV 80 „Ein feste Burg ist unser Gott“
Leitung: Clemens Bosselmann
Predigt: Prof. Dr. Christiane Tietz, Kirchenpräsidentin der EKHN

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