Bürokratieabbau

Weniger Bürokratie, mehr Vertrauen: Hessen setzt auf kommunale Eigenverantwortung

In Wiesbaden hat der Hessische Landtag in erster Lesung das Kommunale Flexibilisierungsgesetz beraten. Es eröffnet Städten und Gemeinden die Chance, bürokratische Vorgaben abzubauen und pragmatische Lösungen vor Ort umzusetzen. Zudem soll die Altersgrenze für den aktiven Dienst in den Freiwilligen Feuerwehren auf 67 Jahre steigen.

Von: |Erschienen am: 10. September 2025 21:08|

Archivfoto

Im Hessischen Landtag wurde heute erstmals der Gesetzentwurf für das Kommunale Flexibilisierungsgesetz (KommFlex) diskutiert. Die Initiative der Regierungsfraktionen zielt darauf ab, Kommunen mehr Handlungsspielraum zu geben und bürokratische Hürden zu reduzieren. Herzstück des Entwurfs ist das neue Standardbefreiungsgesetz (StbG), das Städten, Gemeinden und Zweckverbänden erlaubt, sich auf Antrag von bestimmten landesrechtlichen Vorgaben zu lösen.

Ergänzend dazu sind Modellprojekte im Brand- und Katastrophenschutz vorgesehen, die innovative Technologien und Verfahren erproben sollen. Auch zentrale Landesgesetze wie die Hessische Gemeindeordnung (HGO), das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) sowie das Brand- und Katastrophenschutzgesetz (HBKG) sollen überarbeitet werden, um mehr Flexibilität zu ermöglichen.

Kommunen als Rückgrat der Gesellschaft

Kommunalminister Roman Poseck (CDU) betonte in seiner Rede die Bedeutung der kommunalen Ebene: „Die Kommunen sind das Rückgrat unseres Gemeinwesens. Sie kümmern sich direkt vor Ort um wichtige Aufgaben und Anliegen, wie Kinderbetreuung, Sicherheit oder Kultur. Damit sich die Kommunen vollumfänglich darauf konzentrieren können, dürfen sie nicht von unnötiger Bürokratie und starren Vorschriften ausgebremst werden.“

Poseck verwies auf zahlreiche Gespräche mit Bürgermeistern, in denen der Wunsch nach mehr Gestaltungsspielraum deutlich wurde. Das KommFlex greife diesen Bedarf auf und ermögliche eine Befreiung von überflüssigen Standards durch ein vereinfachtes Antragsverfahren. Die Sicherheit der Bevölkerung und das Gemeinwohl sollen dabei weiterhin gewährleistet bleiben. Die Befreiung gilt zunächst für vier Jahre und kann bei erfolgreicher Umsetzung dauerhaft übernommen werden.

Modellkommunen und Reallabore geplant

Besonders fortschrittliche Kommunen sollen künftig als Modellkommunen agieren können. Sie erhalten die Möglichkeit, sich gleichzeitig von Vorgaben aus über zehn verschiedenen Rechtsbereichen zu lösen. Im Bereich des Brand- und Katastrophenschutzes sind zudem Pilotprojekte vorgesehen, die neue Technologien und Systeme unter realen Bedingungen testen.

Die Abweichung von bestehenden Standards ist dabei ausdrücklich erlaubt, sofern der Schutz von Leben und Sicherheit nicht gefährdet wird. Poseck erklärte: „Mit dem Standardbefreiungsgesetz eröffnen wir die Möglichkeit von Reallaboren, in denen unsere Kommunen Erfahrungen mit dem Abbau von Bürokratie und der Befreiung von Standards sammeln können.“

Bürokratieabbau als Landesstrategie

Auch Entbürokratisierungsminister Manfred Pentz (CDU) unterstrich die Bedeutung des Gesetzes: „Hessen macht ernst beim Thema Bürokratieabbau. Das KommFlex ist ein echter Aufbruch. Wir geben unseren Kommunen die Freiheit, überflüssige Standards hinter sich zu lassen und vor Ort pragmatisch zu handeln.“

Pentz sieht in dem Gesetz einen zentralen Baustein der landesweiten Strategie zur Verwaltungsvereinfachung. Ziel sei es, Vertrauen in staatliches Handeln zurückzugewinnen und schnelle, wirksame Lösungen zu ermöglichen.

Feuerwehr-Altersgrenze steigt auf 67 Jahre

Im Rahmen des KommFlex wird auch das HBKG angepasst. Die Altersgrenze für den aktiven Dienst in den Einsatzabteilungen der Freiwilligen Feuerwehren soll von 65 auf 67 Jahre angehoben werden. Zwei vorangegangene Pilotprojekte haben gezeigt, dass ältere Einsatzkräfte – mit Ausnahme besonders belastender Tätigkeiten – weiterhin einsatzfähig sind.

Heimatschutzminister Roman Poseck erklärte dazu: „Mit der angestrebten Gesetzesänderung eröffnen wir älteren und gesundheitlich noch fitten Kameradinnen und Kameraden die Möglichkeit, sich zwei Jahre länger aktiv im Brandschutz mit ihrer angesammelten Expertise einzubringen.“

Erleichterungen für kommunale Selbstverwaltung

Das Kommunales Flexibilisierungsgesetz sieht weitere Maßnahmen zur Entlastung und zum Bürokratieabbau der Kommunen in Hessen vor. So sollen finanziell stabile Gemeinden künftig ihre Haushaltssatzung veröffentlichen können, ohne vorherige Prüfung durch die Aufsichtsbehörde. Kleinere Kommunen mit bis zu 5.000 Einwohnern sollen probeweise keinen Rechenschaftsbericht mehr erstellen müssen.

Auch die Zusammenlegung von Landkreisen und Gemeinden zu gemeinsamen Verwaltungs- und Ordnungsbehördenbezirken wird ermöglicht.
Darüber hinaus können Kommunen künftig die Prädikate „Heilbad“, „Kurort“ oder „Kurstadt“ als Namenszusatz beantragen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Dies soll die lokale Identität stärken und touristisches Potenzial besser ausschöpfen.

Land und Kommunen im Schulterschluss

Minister Poseck betonte abschließend die enge Zusammenarbeit zwischen Land und kommunaler Ebene: „Wir stehen als Land Hessen eng an der Seite unserer Kommunen. Der Gesetzentwurf ist dafür ein weiteres Beispiel. Er steht beispielhaft für den engen Schulterschluss zwischen Land und Kommunen. So hat sich die kommunale Ebene in das Vorhaben intensiv und aktiv eingebracht.“

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