Fachveranstaltung
Symposium beleuchtet die politische Entwicklung seit 1945
Das Symposium "80 Jahre Kriegsende: Demokratischer Neubeginn 1945 in Rhein-Main" widmet sich in der kommenden Woche in Wiesbaden dem Wiederaufbau demokratischer Strukturen nach dem Zweiten Weltkrieg. Experten analysieren die Entwicklungen in der Region und diskutieren die Bedeutung des historischen Erbes für die Gegenwart.
Symbolfoto: Canva
Das Symposium „80 Jahre Kriegsende: Demokratischer Neubeginn 1945 in Rhein-Main“ widmet sich am Donnerstag, 15. Mai, im Kulturforum Wiesbaden der Entwicklung demokratischer Strukturen in der Region nach dem Zweiten Weltkrieg.
Kommunale Selbstverwaltung im Wandel
Kommunen bilden das Fundament eines demokratischen Staatswesens. Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde ihre Selbstverwaltung schrittweise ausgehöhlt und letztlich ganz aufgelöst. Nach Kriegsende begannen die alliierten Besatzungsmächte sofort mit dem Wiederaufbau kommunaler Verwaltungen. Städte, Gemeinden und Kreise spielten eine zentrale Rolle in der Demokratisierung Deutschlands.
Neben der Bewältigung von Kriegsschäden, Wohnraumknappheit und Lebensmittelmangel wurden in Hessen städtische Betreuungsstellen für politisch, rassisch und religiös Verfolgte eingerichtet, um die Opfer des NS-Regimes zu unterstützen. Erste Auseinandersetzungen mit den Verbrechen dieser Zeit begannen.
Wiesbaden als Schlüsselstadt in Hessen
„Wiesbaden verfügte als Standort der US-Militärregierung über eine exponierte Stellung in Hessen. Die Protokolle der wöchentlichen Besprechungen zwischen der amerikanischen Militärregierung und Vertretern der Stadtverwaltung geben tiefe Einblicke in die Problemlagen“, erläutert Kulturdezernent Dr. Hendrik Schmehl (SPD).
Doch ein vollständiges Bild der gesellschaftlichen Verfassung Wiesbadens nach Kriegsende sei schwer zu gewinnen: „Es bedarf einer intensiveren Beschäftigung mit dem Schriftgut, um zu erfahren, wie die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener beispielsweise sogenannten Displaced Persons begegneten. Zu dieser Personengruppe zählten ins Deutsche Reich zur Zwangsarbeit verschleppte Ausländer ebenso wie Überlebende der Konzentrationslager. Meist sind es nur Nebensätze in den städtischen Akten, die darüber Aufschluss geben, wie die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener kurz nach Kriegsende mit NS-Unrecht und ihrer eigenen Beteiligung daran umgingen,“ fügt er hinzu.
Demokratische Strukturen und gesellschaftlicher Wandel
Das Symposium beleuchtet die vielfältige Entwicklung staatlicher Strukturen und die Entstehung einer selbstbestimmten Zivilgesellschaft. Vorträge aus der gesamten Rhein-Main-Region zeigen, wie sich kommunale Demokratie formierte und neue politische Akteure in Erscheinung traten. Zudem untersucht eine Podiumsdiskussion, wie historische Ereignisse heute vermittelt werden und welche Formen des Gedenkens für die Zukunft tragfähig sind.
„Ich freue mich, dass wir mit dem Symposium eine Veranstaltung ausrichten, deren inhaltliche Impulse weit über Wiesbaden hinausgehen. Mit der KulturRegion FrankfurtRheinMain und der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung haben wir zwei wichtige Partner der historisch-politischen Bildung an unserer Seite. Die Volkshochschule Wiesbaden schafft als Kooperationspartnerin die Verbindung zur Erwachsenenbildung“, so Schmehl.
Veranstaltung in Verbindung mit Gedenken in Hanau
Das Symposium steht in Verbindung mit der Gedenkveranstaltung der Stadt Hanau zum 80. Jahrestag des Kriegsendes. Dort wird Leibniz-Preisträger Prof. Dr. Jörn Leonhard einen Vortrag zum Thema „Über Kriege und wie man sie beendet“ halten.
Teilnahme und Anmeldung
Die Veranstaltung ist kostenlos. Eine Anmeldung ist über das Stadtarchiv Wiesbaden per E-Mail unter veranstaltung-stadtarchiv@wiesbaden.de möglich.
Kooperation und Bildung
Das Symposium ist eine gemeinsame Initiative des Stadtarchivs Wiesbaden und des Projektes „Geist der Freiheit“ der KulturRegion FrankfurtRheinMain in Zusammenarbeit mit der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung und der Volkshochschule Wiesbaden. Es ist zudem als Fortbildung für hessische Lehrkräfte akkreditiert.
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Infobox
Symposium „80 Jahre Kriegsende: Demokratischer Neubeginn 1945 in Rhein-Main“
Programm Donnerstag, 15. Mai:
9:30 bis 9:40 Uhr
Grußworte
Dr. Hendrik Schmehl, Kulturdezernent der Landeshauptstadt Wiesbaden;
Dr. Jennifer John, Geschäftsführerin der KulturRegion FrankfurtRheinMain gGmbH;
Felix Münch, Ständiger Vertreter der Direktorin der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung
10:00 bis 10:30 Uhr
Impuls: Eroberung – Befreiung – und nun? Die historiographische Bedeutung
des Kriegsendes nach 1945 am Beispiel Wiesbadens
Dr. Peter Quadflieg (Stadtarchiv Wiesbaden)
11:00 bis 12:30 Uhr
Vormittagspanel: Kriegsende und Neubeginn in der Rhein-Main-Region:
Lokale Beispiele
11:00 bis 11.20 Uhr
Das Kriegsende in Aschaffenburg 1945: Zäsur oder Neubeginn?
Prof. Frank Jacob (Nord Universitet, Norwegen)
11:20–11:30 Uhr: Diskussion
11:30 bis 11:50 Uhr
Das Kriegsende 1945 in Darmstadt
Dr. Sandra Zimmermann (Stadtarchiv Darmstadt)
11:50 bis 12:00 Uhr: Diskussion
12:00 bis 12:20 Uhr
Oberursel 1945/46. Camp King, Eugen Kogon und der Oberurseler Kreis
Sylvia Goldhammer (Stadtarchiv Oberursel)
12:20 bis 12:30 Uhr: Diskussion
13:15 bis 14:15 Uhr
Nachmittagspanel II: Der Aufbau staatlicher und demokratischer Strukturen
13:15 bis 13:35 Uhr
Demokratischer Neuanfang im Landkreis Usingen – ein Werkstattbericht
Gregor Maier (Kreisarchiv Hochtaunuskreis)
13:35 bis 13:45 Uhr: Diskussion
13:45 bis 14:05 Uhr
„Für alle, die guten Willens sind“.
Walter Kolb und der demokratische Neubeginn in Frankfurt am Main
Dr. Thomas Bauer (Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main)
14:05 bis 14:15 Uhr: Diskussion
14:45 bis 15:45 Uhr
Nachmittagspanel II: Bewährungsprobe für die junge Demokratie: Wahlen und Aufarbeitung
14:45 bis 15:05 Uhr
Neubeginn oder Rückbesinnung? Die Kommunalwahlen von 1946 im Rheingau
Oliver Mathias (Rüdesheim am Rhein)
15:05 bis 15:15 Uhr: Diskussion
15:15 bis 15:35 Uhr
Juristische Aufarbeitung der Naziverbrechen in einer Kleinstadt.
Der sogenannte „Flörsheimer Kristallnacht-Prozess“ vom 9. bis 14. Mai 1949
Dr. Bernd Blisch (Stadt Flörsheim)
15:35–15:45 Uhr: Diskussion
16:00 bis 17:15 Uhr
Round-Table „80 Jahre danach: Das Kriegsende als Mythos oder
Verpflichtung? Wie über Verantwortung sprechen.“
Lisa Sommer (Stiftung Stadtmuseum Wiesbaden), Margit Sachse (Lichtenbergschule Darmstadt, z.Zt. Évreux), Thomas Altmeyer (Geschichtsort Adlerwerke Frankfurt am Main), Dr. Markus Häfner (Städtische Museen Hanau)
17:15 bis 17:30 Uhr
Abschlussdiskussion
Die Teilnahme ist kostenfrei
Veranstaltungsort ist das Kulturforum, Friedrichstraße 16, 65185 Wiesbaden
Kontakt und Anmeldung: Stadtarchiv Wiesbaden, Im Rad 42, 65197 Wiesbaden
Tel.: 0611 / 313080, E-Mail: veranstaltung-stadtarchiv@wiesbaden.de
Optional:
Hanau, 19:30 Uhr
Öffentliche Gedenkveranstaltung „80 Jahre Kriegsende“
Mit Vortrag des Leibniz-Preisträgers Prof. Dr. Jörn Leonhard (Historisches Seminar,
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg): „Über Kriege und wie man sie beendet“
Wallonische Kirche, Französische Allee 12, 63450 Hanau
