Zeitzeugen-Engagement
Wiesbaden würdigt außergewöhnliche Versöhnungsarbeit
Die Landeshauptstadt Wiesbaden ehrt Bogdan Bartnikowski für seine beeindruckende Lebensgeschichte und sein Engagement für Frieden und Verständigung zwischen Polen und Deutschland. Als Zeitzeuge berührt er viele Menschen mit seinen Erzählungen und motiviert andere, über die Vergangenheit zu sprechen.
Foto: Andrea Wagenknecht / Ev. Dekanat Wiesbaden
Bogdan Bartnikowski erhält die Bürgermedaille in Silber. Mit dieser Ehrung würdigt die Stadt Wiesbaden den 93-jährigen Überlebenden des Konzentrationslagers für seine enge Beziehung zur hessischen Landeshauptstadt sowie seine Bemühungen um die Förderung der Verständigung zwischen Deutschland und Polen.
Seit dem Jahr 2016 besucht Bartnikowski, der in Polen lebt, regelmäßig Wiesbaden. Der evangelische Verein „Zeichen der Hoffnung“ hat zahlreiche Kuraufenthalte und insgesamt 45 Zeitzeugengespräche an Schulen und weiteren Bildungsstätten in der Stadt mit ihm und anderen organisiert. Durch sein Engagement hat Bartnikowski viele weitere Überlebende dazu inspiriert, erstmals öffentlich in Deutschland über ihre Erlebnisse zu sprechen.
Dank für gelebte Versöhnung
Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende spricht dem 93-Jährigen seinen Dank aus und betont: „Es ist wichtig, dass junge Menschen in der Begegnung mit Ihnen erleben, dass Sie sich für Verständigung und Versöhnung einsetzen – allem Leid und allen Gräueltaten, die Sie als Kind erlebt haben zum Trotz.“ In Zeiten, in denen in Deutschland der Antisemitismus wieder zunehme, sei es wichtig, sich deutlich dagegen zu bekennen, so Mende.
Dr. Gerhard Obermayr, Stadtverordnetenvorsteher, sprach dem Verein „Zeichen der Hoffnung“ sowie dem evangelischen Pfarrer Klaus Endter seinen herzlichen Dank aus: „Ihnen und Ihrem großen Engagement ist es zu verdanken, dass sich Bogdan Bartnikowski und andere Zeitzeugen hier in Wiesbaden immer wohl gefühlt haben.“
Zeitzeugengespräche bereichern Schulen
Pfarrer Endter, der inzwischen im Ruhestand ist, organisierte 1976 gemeinsam mit der Evangelischen Kirche Frankfurt die erste Reise nach Krakau und Auschwitz. Wie er berichtet, waren die beeindruckende Bereitschaft zur Versöhnung der KZ-Überlebenden sowie die oft große Armut, in der viele Menschen im damaligen Polen lebten, der Anstoß zur Gründung des Vereins „Zeichen der Hoffnung“.
Das Engagement des Vereins begann mit Kuraufenthalten für KZ-Überlebende in Bad Schwalbach und Wiesbaden. „Aus diesen Aufenthalten haben sich dann die Zeitzeugengespräche an Schulen entwickelt“, so Endter.
Einsatz für Frieden und Versöhnung
Bogdan Bartnikowski, geboren am 24. Januar 1932 in Warschau, wurde im August 1944, während des Warschauer Aufstands, als zwölfjähriger Junge zusammen mit seiner Mutter nach Auschwitz deportiert. Seine Erlebnisse im Kinderblock des Konzentrationslagers Auschwitz hat er in seinem Buch „Eine Kindheit hinterm Stacheldraht“ verarbeitet. Im Herbst 2024 veröffentlichte er sein neuestes Werk „Zurück in Auschwitz“ sowohl auf Polnisch als auch auf Deutsch.
Neben seinen zahlreichen Besuchen in Wiesbaden wird er auch zu vielen Zeitzeugengesprächen in deutsche Städte, nach Österreich, Italien und in die internationale Begegnungsstätte Auschwitz eingeladen. Sein Lebensmotto lautet: „Ich hatte die Wahl zwischen Hass, Vergeltung und Rache oder Versöhnung, Frieden und Kooperation. Ich habe mich für das zweite entschieden, weil die erste Option mich innerlich aufgefressen hätte.“ Bogdan Bartnikowski ist verwitwet und hat einen Sohn.
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